Dieser Blog ist beiderseits für Rapper und Tontechniker gedacht.
Wie Tontechniker und Rapper aneinander vorbeireden, aber trotzdem das gleiche meinen.
Mit meinen 27 Jahren bin ich jetzt 13 Jahre lang unterwegs und habe Tausende Rapper kennengelernt. Mehr als 350 Kunden darf ich meiner Kundenkartei mein Eigen nennen und mehr als 1.600 Songs haben meinen PC verlassen.
Jetzt das Interessante, meine Zufriedenheitsquote liegt bei 94%. Das bedeutet nur 6% wollten ihr Geld wieder haben. Diese Zufriedenheit entsteht nicht nur durch Qualität sondern durch Kommunikation und Verständnis.
Noch vor paar Jahren konnte ich nicht gut kommunizieren. Ich habe mir das beigebracht und seit dem, geht der Umsatz wie auch die Zufriedenheitsquote steil nach oben. Ich behaupte: Du kannst so gut sein wie du willst, wenn dein Kunde sich nicht wohl fühlt...bucht er kein zweites Mal. Viele meiner Kunden kommen von der Konkurrenz und zahlen lieber mehr bei mir und fühlen sich verstanden als woanders sich beleidigen zu lassen oder gar ein "Jo ich ändere das für 25€" zu bekommen.
Heute reflektiere ich und merke, dass viele meiner Aufträge früher verloren gegangen sind, weil ich nicht in der Lage war den Kunden zu verstehen. Eigentlich arbeitet ein Rap-Tontechniker auch
als Dolmetscher. Es ist wichtig zu verstehen, dass der Kunde gar keine Ahnung davon hat was wir als Techniker tun. Er kann gar nicht wissen was wir machen, was wir benutzen und wie wir uns selber
ausdrücken. Selbst wenn wir gelernte Tontechniker sind kennt er weder Fachbegriffe noch wenn wir Hobbytechniker sind, weiß er wie wir denken. Wir als Techniker stehen dann in der Pflicht dem
Kunden entgegen zukommen und dreimal nachzuhaken was er meint und dabei ist ganz wichtig, niemals angreifend zu kommunizieren.
Ich habe ein super Beispiel: „Ey alter, der Mix ist total scheiße. Was soll das?″ Darauf kannst du mit Frust reagieren und sagen „Ey, wie redest du mit mir alter, du hast nicht mal
bezahlt (o. ä.)″ Ich finde, und das funktioniert heute richtig gut, du solltest lieber damit kommen und sagen: „Hey, was gefällt dir denn nicht an dem Mix? Sage es mir und ich
werde es sofort umsetzen!″ Dann bekommt man den Rapper auf jeden Fall erstmal runter gefahren, wenn dann jetzt etwas kommt wie: „Ja, die Stimme ist nicht druckvoll genug.″ oder
„Die Stimme ist nicht hell genug." kommen wir aus der angreifende Haltung raus. Das sind nun irgendwelche komische Sätze womit man dann
nicht gleich was anfangen kann. Jetzt hat man zwei Möglichkeiten entweder machst du einfach irgendwas was du denkst verstanden zu haben, so kommst du zwar aus den unendlichen Feedbacks nicht
raus, oder du fragst: „hey, meinst du etwa, dass ich die Brillanz erhöhen soll?″ und dann kann es sein, dass er sagt: „Ja, ich weiß nicht genau ob es das ist. Ich kann es dir nicht
sagen″. Dann schaut ihr euch gemeinsam Referenzen an bei YouTube: „hey, gefällt dir dieser Mix besser?″ und du selber weißt, das es die Brillanz ist und so kommst du ihm
entgegen und gibst ihm die Möglichkeit seine Worte anders zu fassen vor allem, dass er es lernt.
Jetzt kommen wir mal zu ein paar Vokabeln, die ich am meisten höre und die ich auch wichtig finde, dass beide Seiten sie gleichermaßen benutzen und verstehen.
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Druck
Der häufigste Satz, den ich höre ist: „Ich brauche mehr Druck bzw. der Song braucht mehr Druck.″
Genau da geht es schon los, es geht meist gar nicht um den Song, sondern nur um die Stimme. Frag auf jeden Fall deinen Rapper/deinen Kunden was er genau meint. Meint er der gesamte Song ist zu
schwach oder meint er wirklich nur die Stimme. Denn wenn es der ganze Song ist musst du ins Mastering gehen und die Tiefen gewaltig anheben, wenn es nur die Stimme ist musst du ins Mixing der
Stimme gehen und dort etwas anheben. Meist ist es auch wirklich, dass es die Frequenzen der Tiefenbereiche sind. Es fehlt ihm von seiner Hörgewohnheit her, dass die Rund 200 – 250 Hz angehoben
werden müssen, weil er vielleicht sehr gerne AZAD oder KOLLEGAH hört. Bei denen das oft gemacht wird. Es kann auch
sein, dass fast die Hälfte aller Leute nur meinen, „mach es bisschen lauter″. Das ist gewagt übersetzt, aber es kommt in den meisten Fällen hin. Wenn du diesen Satz hörst, dann mach
einfach mal die Stimme lauter und hebe die Tiefen etwas an. Plötzlich wird dein Kunde den Rap total feiern. Es ist echt heftig wie oft das schon passiert ist.
Transparenz
„Meine Stimme braucht mehr Transparenz.″
Klingt total super, wenn das ein Kunde sagt, meint aber im Grunde lauter oder, dass die Stimme sich mehr vom Beat abheben soll. Es kann also sein, dass du die Attack- und die Release-Zeit nochmal ändern musst in der Kompressoreinstellung oder zwischen 3.000 und 4.000 Hz bei den Konsonanten im Equalizer mehr anheben musst, damit es sich vom Beat mehr abhebt. Du kannst auch in den Beat gehen und in diesem Bereich etwas absenken, dass die Stimme einfach mehr eigenen Platz hat.
„Der Beat ballert nicht!″ Ja, das passiert in den Freebeatzeiten des aktuellen Jahrtausends sehr oft. Künstler denken, die Beats müssten
ballern wenn wir im Vocalmix sind, dass kann man auch im Mastering ein bisschen regeln, aber wir sind begrenzt. Versuche herauszubekommen, ob der Musiker
Kontakt zum Beatproducer hat. Kommuniziere: „hey, hast du Kontakt zum Beatproducer? Wenn der Beat mehr ballern soll, frag den Komponisten mal ob er in der Lage ist den Beat nochmal zu
bearbeiten.″ Wir als Tontechniker sind bei diesen Freebeats und gerade bei MP3-Qualität etwas begrenzt. Wenn er sagt, der Beat ballert nicht mehr,
versuch mal zu schauen, ob du dein Limiter oder Maximizer im Mastering vielleicht zu stark eingestellt hast vielleicht
pumpt dein Song. Überprüfe, ob der Song wirklich zu laut gemastert ist, ob er vielleicht zu starke Kompressoreinstellungen hat oder vielleicht ist der
Ratio im Mastersektor aus irgendwelchen versehentlich falsch eingestellt oder verrutscht z.B. von 8 auf 15. Einfach mal auf das Masteringsignal gehen und schauen, ob du einen Fehler gemacht hast. Ansonsten
solltest du dann den Limiter schwächer einstellen und schauen, ob du den Master statt bei 300/400 Hz anzuheben einfach mal etwas weiter runter auf 100 Hz
gehen kannst um einfach ihm entgegenzukommen, dass der Beat mehr kommt. Es kann auch sein, dass er übersetzt haben will, die Vocal muss leiser. Er redet vom
Beat, aber eigentlich möchte er, dass die Stimme leiser ist und das passiert sehr oft gerade in der Kennenlernphase wenn der Kunde das erste Mal bei dir bucht. Er weiß es noch nicht genau. Du
musst erstmal den Weg finden. Ich würde es erst über den Beat einmal versuchen und den Masterkanal definitiv nochmal durchschauen.
Hall und Echo
Wie oft ich in meinem Leben schon gehört habe: „Brudi, die Vocals brauchen
mehr Hall!″, aber sie meinten immer Delay und Echo. Versuche das im Vorfeld herauszufinden z.B. über ein Referenzlink bevor du anfängst oder wenn dieser
Wunsch geäußert wird, herauszufinden was er wirklich meint. Ich sage immer: "Du, schick mir mal ein YouTube
Link eines Songs, den du so feierst wo du sagst genau diesen Hall hätte ich gerne". Benutze auch solange seine Worte bis du weißt ob es dieses Wort ist und dann erhältst du einen Link und
dann wird plötzlich festgestellt, er meint das 1/4 Delay Ping Pong. Das musst du ihm gar nicht vorhalten, sondern du kannst einfach sagen: „hey, das hab ich und übrigens das heißt
Ping Pong delay. Cool, oder?" Dann könnt ihr euch noch darüber lustig
machen, dass der falsche Begriff gefallen ist. Der Rapper lernt es und du auch gleich hinterher, dass du super mit ihm kommuniziert hast und weißt für das
nächste Mal was er für einen Effekt haben möchte. Das sind auch die lustigsten Szenen bei denen du auch komplett mit Kompetenz glänzen kannst. Du kannst zeigen, ich nehme das an was du sagst
und bekomme raus was es ist, ich höre es! Ich höre, es ist ein Ping Pong Delay, auch wenn du Hall gesagt hast. Ist übrigens auch schon andersrum passiert, die Leute sagen: „Ja, delay und Echo. Ich will
dies und das″, aber dabei meinten sie nur einen Halleffekt der nur eine sehr lange Reverb-Time hat, der einfach eine lange Ausklangphase der Hallfahne hat und das muss man sich dann über einen Referenzlink definitiv mal anhören und dementsprechend
versuchen nachzubauen.
„Ich bin eigentlich zufrieden.″
Dieser Satz ist einer der gefährlichsten und du musst aufpassen was du jetzt darauf antwortest. Ich versuche immer diese eigentlich’s, aber's, doch's und wenn's alle auszumerzen. Ein eigentlich
kann dafür sorgen, kann ein Indiz dafür sein, dass der Musiker sich nicht traut zu sagen was er denkt. Ich fange immer so an, wenn dieser Satz fällt, „Eigentlich? ;-)″ und dann
kommt meist „Jo!″ oder „Ja!″ und ich sage dann: „wenn du ein Wunsch frei hättest was du an dem
Song anders haben möchtest, was wäre das dann? Sei ruhig offen und ehrlich, ich bin für alles offen mich auszuprobieren″. Plötzlich kriegst du eine halbe DIN-A4-Seite an Wünschen, die du
natürlich nicht immer alle umsetzen musst, aber sie sind erstmal da. Du siehst er hatte doch viele Gedanken gehabt und wenn du die umgesetzt hast ist dieses
eigentlich plötzlich am Folgetag des Feedbacks erledigt. Dann hast du einen der zufriedensten Kunden der Welt, weil du in der Lage warst ihm zu helfen sich zu öffnen, weil er es sonst nicht
kann. Du hast es geschafft und er wird dich vergöttern und wird alles dafür tun, dass du auch den nächsten Auftrag erhältst .
Punch in der Stimme
Punch ist immer das gleiche wie Druck. Ich habe mich nicht daran erinnern können, wann Punch etwas anderes war. Punch war Druck, Punch ist Lautstärke, Punch ist = Hol die Stimme
ganz nach vorne und scheiß drauf wo der Beat hängt. Ich würde bei Punch mir eine Referenz zeigen lassen, weil meiner Erfahrung nach, wenn einer sich Punch wünscht, dann ist das eine sehr
laute Stimme mit sehr tiefen Frequenzen verbunden, da würde ich auf jeden Fall nachfragen. Bei Punch werden meine Ohren bisschen spitz: „okay zeig mal was!″, da kommen dann sehr krasse
Referenzen. Dann kommt so eine Single von
AZAD – Alles Lügen, wo alles sehr laut war. Dann merkst du wo der Mix hinsoll und das ist meist ganz anders
als du selber mixt. Auf jeden Fall nachfragen, weil mit Punch ist grundsätzlich Lautstärke gemeint und mit ganz vielen tiefen Frequenzen verbunden. Auch frei von Zischgeräuschen, weil laute
Stimmen müssen zisch frei sein. Sie müssen sowieso zisch frei sein, aber die Leute, die das Wort PUNCH benutzen achten extrem drauf und dann lieber ein zisch
mehr entfernen als eins zu wenig. Wie du richtig S-Laute filterst kannst du in diesem Blog nachlesen.